Hutewaldhof

Freie Schweine im Wald

Wer im Herbst den Hutewaldhof besucht, ist schnell gefangen von der entspannten Atmosphäre im "Schweinewald". Wie sich diese Nutztiere auf selbstverständliche Art durch ihren natürlichen Lebensraum bewegen, kann man heute in Deutschland nur noch selten beobachten. Ihre angeborene Neugier können die Schweine zum Futtersuchen gut gebrauchen. Aber was auffällt, ist eine grundlegende tiefenentspannte Stimmung in der Rotte.

Jahrtausende lang wurden Wälder für die Viehhaltung genutzt. Sie boten Schutz und Nahrung zugleich. Gerade die Wälder, in denen Schweine gehalten werden konnten, galten also so wertvoll, dass die Steuer für Waldflächen nach der Anzahl der dort gehaltenen Schweine berechnet wurde. Diese Zeiten sind längst vorbei. In der Moderne hat sich das Verhältnis zum Wald grundlegend geändert: Forstwirtschaft, Jagd und Freizeitnutzung haben die landwirtschaftliche Nutzung schon lange verdrängt.

Angst vor Seuchen tat ihr Übriges, um Hausschweine endgültig aus den Wäldern zu verbannen. In Deutschland ist die Schweinehaltung im Wald regelrecht verboten. Doch Kathrin Ollendorf und Holger Linde vom "Hutewaldhof" in Riskau ließen sich von den Schwierigkeiten nicht abschrecken. Sie arbeiteten jahrelang hartnäckig daran, dass ihre Schweine ein "tolles Schweineleben" führen können, so wie es ihrer Natur entspricht. "Schweine wollen sich ihr Futter selber suchen, sie wollen wühlen und sich in Matschkuhlen suhlen," so Kathrin Ollendorf, Agraringenieurin.

Den Schweinen soll es wieder richtig gut gehen

Holger Linde wuchs im Nachbardorf von Riskau auf und hat auf dem elterlichen Hof schon als kleines Kind engen Kontakt zu Sauen und ihren Ferkeln gehabt. Damals waren die Haltungsbedingungen noch nicht so reglementiert wie heute, und Holger weiß daher, was glückliche Schweine sind. Schon viele Jahre hatte er die Idee, wieder eine eigene Schweinehaltung aufzubauen, wo es den Schweinen wirklich gut geht.

Kathrin Ollendorf, Agrarökologin aus der Altmark, hatte vorher nur am Rande mit Schweinen zu tun. Am gemeinsamen Projekt Hutewaldhof faszinierte sie zuerst die wieder miteinander verknüpfte landwirtschaftliche Nutzung von Wald und Acker. Ziemlich schnell hat auch sie sich vom eigentlichen Charme der Schweine faszinieren lassen.

Eine Odyssee durch die Behörden

Die gemeinsamen Gänge für eine Betriebsgenehmigung durch alle beteiligten zuständigen Ämter glichen einer Odyssee. Große Portionen von eigener Überzeugung, Fachwissen und Kompromissbereitschaft waren vonnöten. Um einen Ordner voll Papier reicher, um eine ganze Stange Geld ärmer und zwei Jahre später konnte es dann offiziell losgehen. Der praktische Trubel, der dann folgte, war und ist zwar kräftezehrend, jedoch ist dabei die Überzeugung, das Richtige zu tun, stetig gewachsen.

Zum einen danken es die spürbar glücklichen Schweine. „Für uns ist es nicht vorstellbar, diesen intelligenten Tieren ein 'Weniger' an frischer Luft und Bewegungsfreiheit anzutun., so Kathrin Ollendorf. „Immerhin wollen wir sie essen, und wir schulden ihnen daher Respekt und bestmögliche Lebensqualität."

Ein Zeichen gegen die Massentierhaltung setzen

Eine wichtige Motivation ist aber auch der Zuspruch von vielen Besuchern, die das Glück der Schweine miterlebten. Und nicht zuletzt überzeugt das tatsächlich unglaublich leckere Fleisch, die Wurstprodukte und der Schinken!

Dabei ist es auch die politische Dimension, die das Handeln von Kathrin Ollendorf und Holger Linde antreibt. Mit ihrer Arbeit wollen sie ein Zeichen gegen die Massentierhaltung setzen, Verbrauchern eine Alternative bieten und andere Landwirte zu Kreativität anstiften.

Und vielleicht kommt der Bauernhof eines Tages auch ohne staatlich finanzierte Agrarbeihilfen aus – auch wenn beide wissen, dass der Weg bis dahin noch lang ist. Immerhin gilt es , für die deutlich höheren Produktpreise Akzeptanz bei den Kunden zu finden.

Aber die Tatsache, dass die Schweine tatsächlich den herbstlichen Wald genießen können, ist schon ein Riesenerfolg. „Wir finden, wir sind schon ein gutes Stück weit gekommen, und bleiben am Ball,“ sind die beiden Schweinehalter überzeugt.