Zeitlos schön umhüllt
Simone Walter (Text), Annett Melzer (Fotografie)
Die mit viel Liebe zum Detail gearbeiteten Textilien von Karoline Richter atmen die Verbundenheit zum Land ebenso wie die Leidenschaft für schöne, hochwertige und langlebige Stoffe. Aus den kuschelwarmen Wollwalk-Jacken in klassischem Chic, lustigen Bademäntelchen für Kinder und praktischen Wohnaccessoires spricht die Tradition einer Familie, die das Textilhandwerk seit Generationen lebt.
Jeder Winkel im Landhaus von Karoline Richter überrascht den Besucher mit selbstgenähten, liebevollen Details. Robuste Leinenkissen, mit zarten Kindersilhouetten bemalte Decken, Stoffkörbe mit Äpfeln, Eiern und allerlei Utensilien bis hin zum Spielhaus für die Kinder tauchen den Lebensraum in eine heiter-behagliche Atmosphäre. Das alles verbindende klassische Design, Naturtöne von Woll- und Baumwollstoffen mit Einfassungen und Bordüren in frischem rot- oder blauweißem Karomuster zu kombinieren, greift den Trachtenstil alpenländisch-bäuerlicher Wurzeln auf und gibt ihm mit spielerischen Details ein neues Gesicht. „Der Karostoff hat sowas Heimeliges“, findet Karoline „und die klassischen Farben und Schnitte kann man super kombinieren, zum Beispiel mit ausgefallenem Schmuck.“
Qualität, die den Alltag leichter macht
Besonders angetan hat es der jungen Mutter der robuste und pflegeleichte Wollwalkstoff eines traditionsreichen Herstellers aus Österreich. Aus dem grau-beige melierten Merinowalk schneidert sie warme und wetterfeste Jacken für Klein und Groß. Die Modelle für die Kinder sind mit fröhlichem Karo eingefasst und an den eigenen Kindern alltagserprobt. Die praktische Kleidung im klassischen Stil findet bereits großen Anklang. „Es sind vor allem die Großmütter, die sich darüber freuen, dass es sowas endlich wieder gibt und es dann für ihre Enkel kaufen.“ Vertraut mit der guten alten Schurwollbekleidung, wissen sie noch, dass man die schmutzabweisenden Stücke nur ausklopfen oder an die Luft zu hängen braucht, statt sie immer zu waschen. Und wenn das mal nicht reicht, kommt der Wollwalk in den Wollwaschgang: „Wenn der Kleine damit im Kindergarten den Matschhügel runtergerollt ist, stecke ich die Jacke auch in die Maschine.“
Einfach, praktisch, kindgerecht
Die Lust an schöner und hochwertiger Kinderkleidung hat die begeisterte Hobbyschneiderin dazu gebracht, zunächst für die eigenen Kinder zu nähen. Was sich auf dem Modemarkt für Kinder tummelt, findet die Mutter wenig kindgerecht: „Alles ist bunt bedruckt, dazu viel Plastik und Glitzer – da geht das Kind so unter.“ Die natürlich schönen Jäckchen mit den Permuttknöpfen dagegen sprachen bald auch andere Mütter an: „Die wollten wissen, wo ich die Sachen her habe“, zwinkert Karoline. Und weil die kleine Tochter so pflegeleicht war, nutzte sie die verfügbare Zeit und begann, auch für andere zu nähen.
Großen Anklang findet inzwischen auch der praktische mitwachsende Kinderschlafsack mit kuscheligem Teddyfutter. „Wir haben oft Freunde besucht und hatten keine Lust auf die schweren Kinderreisebetten“, erklärt die Praktikerin. „In diesen Schlafsäcken schlafen unsere Kinder im Alltag und so haben sie dann auch unterwegs ihr eigenes Bett dabei.“ Bademäntel mit lustigen Zipfelmützen, Taschen und Rucksäcke, warme Hausschühchen und Kirschkernenten erweiterten nach und nach das Repertoire für die Kleinen. Unter dem Namen „Elbfrosch“ begann Karoline, die Sachen online zu verkaufen. Die Teile fertigt sie individuell nach Bestellung und nimmt dabei auch gerne Sonderwünsche entgegen. Die durchweg begeisterte Resonanz spornt sie an: „Ich hätte nie gedacht, dass man sich so über Rückmeldungen freuen kann, man kennt die Leute ja gar nicht.“
Der direkte Kontakt auf den Märkten geht der Anbieterin jedoch über alles. 2011 von Hamburg aus im Wendland gelandet, bot sie ihre Kindersachen und Wollwalkjacken nun gemeinsam mit der ebenfalls schneidernden Mutter auf dem Handwerkermarkt der Kulturellen Landpartie in Lübeln an. „Ich liebe Märkte und dieser war besonders schön – stimmungsvoll, nicht so kommerziell und dabei sehr erfolgreich für uns.“ Das macht Lust auf mehr – ein Familienprojekt beginnt zu wachsen.
Gute Kleidung als Familientradition
Die textile Tradition ist in der mütterlichen Linie der Familie bereits seit Generationen verwurzelt. „Mein Urgroßvater war Leineweber im Sauerland“, erzählt Karoline. Die Großeltern betrieben dann ein Damenbekleidungsgeschäft, Mutter und Tante bauten es weiter aus. Ein Laden für Kinderbekleidung und ein Herrenausstatter erweiterten das Angebot. Im Laden arbeiteten auch Schneiderinnen, die auf Bestellung Kostüme und Maßanzüge herstellten. In Zusammenarbeit mit ihren schneidernden Mitarbeiterinnen verfeinerten die Inhaberinnen ihre eigenen handwerklichen Fertigkeiten.
Der Job des Vaters bei der Lufthansa in Hamburg zog die Eltern ins Alte Land an der Elbe, südlich von Hamburg. Mit nach und nach fünf Kindern und der Tätigkeit als Hebamme war die Mutter zunächst gut ausgelastet. Dennoch wuchs Karoline von Anfang an in den Umgang mit Nadel und Faden hinein. Das kam ihr vor allem als Jugendliche zupass, als sie ganz eigene Ideen für Kleidung entwickelte. „Ich wollte so schräge Sachen, da sagte meine Mutter, das kriegst du noch nicht mal in Hamburg in der Marktstraße, das musst du schon selber nähen“, lacht die Tochter und schiebt schmunzelnd nach „Ich glaube, das hat sie schnell bereut ...“ Von einer Indienreise brachten die beiden Frauen jede Menge Stoffe mit, die der eigenwillige Teenager in freakige Klamotten verwandelte. „Damit war ich im Alten Land der bunte Hund“, feixt sie.
Landleben für Landkleidung
Der Faden textiler Tradition verlief
dann zunächst eher im Verborgenen. Nach einer Ausbildung zur
Krankenschwester studierte Karoline Gesundheitsökonomie. Wenig
später gründete sie mit ihrem aus Österreich stammenden Mann die
eigene Familie. Die Wohnung in Hamburg wurde für den wachsenden
Bedarf bald zu klein. In der Stadt kinderwagenschiebend zwischen
Spielplätzen unterwegs besann sich die junge Mutter wieder auf die
Freiheiten des Landlebens und ging mit ihrem Mann auf Haussuche. Ihr
Kinderkleidungslabel, der „Elbfrosch“ war bereits geboren und der
Zufall wollte es, dass sie schließlich unweit der Elbe im Wendland
landete. „Vier Tage nach Geburt des zweiten Kindes haben wir hier
im Garten gestanden und gesagt: Ok, wir kaufen das Haus!“ In einer
ruhigen Seitenstraße des am Waldrand gelegenen Ortes Zernien bietet
das hübsche Landhaus mit dem weitläufigen Gartenareal reichlich
Raum für seine großen und kleinen Bewohner. „Das genieße ich
schon sehr, dass ich die Kinder morgens rausschmeißen und abends
wieder einfangen kann“, freut sich die Mutter. Raum ist hier auch
für ihre textile Leidenschaft, der sie in den Abendstunden nachgeht:
„Wenn die Kinder im Bett sind, ist das Nähen Entspannung für
mich.“
Wiedererwachen der Familientradition
Die Teilzeitbeschäftigung in ihrem Beruf gibt Karoline die Freiheit, ohne wirtschaftlichen Druck die kleine Schneiderei zur eigenen Freude wachsen zu lassen. Das Entwickeln neuer Ideen, das Austüfteln neuer Schnitte macht ihr besonderen Spaß. Ihre Mutter, zwischenzeitlich ins Allgäu gezogen, hat dort auch den Faden wieder aufgenommen. Währenddessen kaufte die Tante ein Bauernhaus in der Oberlausitz und lässt dort ihrerseits die textile Tradition der Familie wieder aufleben. Alle eint der klassische ländliche Stil und die Liebe zu Qualitäten, die den Alltag inmitten der Natur und durch die Jahreszeiten zur puren Freude machen.
Inzwischen ist die textile Hochsaison bei Karoline angebrochen, die Wochen vor Weihnachten. In schmucken Stoffkörben freuen sich Grüppchen von weißen Stumpenkerzen bereits auf leuchtende Vorweihnachtsabende. Auf Fensterbrett und Esstisch wachsen Fliegenpilze mit rotweiß-karierten Köpfen und Spitzenkrause unter Stofflamellen. „Das Moosbett dazu hat die Kleine vom Spielen mitgebracht“, lächelt Karoline.
Auch in der Markthalle in Dannenberg, einem Zusammenschluss von Anbietern aus der Region, sprießen bereits die hübschen Pilze neben wärmenden Walkjacken und eleganten Blazern. Die Tradition der schönen, handgemachten Kleidung vom Land wächst weiter.
Und hier geht es zum Shop von Karoline Richter .